Geschichten der Nacht # 47
"Das
Aure "
von
Monika Abt
("Selana Bashir")
Ein Abenteuer mit Boromir und Faramir
aus Mittelerde
ist
am 10. Dezember 2004
erschienen. |
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zum Inhalt:
Monika Abt hat die Handlung neun Jahre vor dem Großen
Ringkrieg angelegt.
Wir befinden uns im Dritten Zeitalter von Mittelerde Im Jahre 3009.
Faramir wird von Südländern mitten in Minas
Tirith entführt. Sie wollen ihn auf der alten Haradstraße
nach Süden zu ihrem Lager bringen und ein hohes Lösegeld
von seinem Vater Denethor, dem Truchsess, erpressen. Doch kommt Faramir
ein Elbenpaar aus Lothlórien, Fingolfin und Niniel, zu Hilfe
und sie befreien ihn.
Der Mann aus Gondor begleitet die beiden auf ihrer Suche
nach dem "AURE", einem sehr wertvollen, von dem Valar Aule
geschmiedeten Edelstein. Er enthält das letzte Licht der großen
Lampe Ormal, die weiter unten im Süden
einst gestanden haben soll. Die beiden Elben wollen das Juwel suchen
und mit in die Unsterblichen Lande nehmen.
Währenddessen soll sich Boromir mit seinen Männern
im Auftrag seines Vaters räuberischen Orkbanden stellen, die
die südliche Handelsstraße bedrohen.
Ob beide Brüder ihre Aufgaben erfüllen können,
und wie Gandalf und Aragorn in die Handlung eingreifen, erfahrt ihr
auf spannenden 72 Seiten in unserem neuesten Fan-Roman.
Leseprobe:
Boromir, Feldmarschall von Gondor, schritt
über den weiß gepflasterten Hof, wo ein Springbrunnen leise
zwischen sattgrünem Rasen plätscherte. Dort, in der Mitte
stand der Weiße Baum, der jedoch schon vor langer Zeit verdorrt
war und seine kahlen, abgebrochenen Zweige traurig über das Becken
hängen ließ. Über die breite weitläufige Treppe
betrat er die Zitadelle, in der sich der Thronsaal befand. Er klemmte
sich seinen Helm unter den Arm und durchschritt den langen Saal. Wie
bei allen Rittern Gondors war seine Bekleidung schwarz, die Rüstung
und der spitz zulaufende Helm aus Mihtril-Silber. Der wertvolle Übermantel
aus Zobel trug das Wappen Gondors: einen weißblühenden
Baum unter sieben Sternen.
Der Saal wurde durch niedrige Fenster in
den breiten Seitenschiffen erhellt, hinter den Reihen großer
Säulen, welche die Decke trugen. Die Säulen, große
Monolithen aus schwarzem Marmor, stiegen zu großen Kapitellen
auf, in die viele Tier- und Pflanzengestalten eingemeißelt wurden.
Darüber schimmerte das breite Deckengewölbe, golden und
durchbrochen von verschlungenen Rankenmustern in vielen Farben. Es
gab keine Wandbilder oder Teppiche in dem langen Saal; zwischen den
Säulen erhoben sich große Standbilder aus Stein. Am Ende
des Saales stand der Thronsessel auf einer erhöhten Empore, zu
der Treppen hinaufführten. Der Thron war von einem marmornen
Baldachin in der Form eines Kronenhelmes überdacht. Die Wand
dahinter zeigte das eingemeißelte, mit Edelsteinen besetzte
Bild des blühenden Baumes. Am Fuß der Empore, auf der untersten
Stufe, stand ein steinerner Stuhl, schwarz und ohne Zierrat. Dort
saß wie üblich sein Vater und wartete schon auf ihn.
„Da bist du ja, mein Sohn“,
begrüßte Denethor ihn.
Boromir verzog leicht sein Gesicht. Er war groß und kräftig
gewachsen, stärker und einige Jahre älter als Faramir. Sein
Bruder war ein nachdenklicher und zurückhaltender junger Mann,
während er selbst etwas aufbrausender und ungestümer war.
Im Moment jedoch sorgte Boromir sich um Faramir. Er hatte ihn überall
im Palast gesucht und selbst Faramirs Diener wussten nicht, wo er
war.
„Ich grüße dich, Vater“, antwortete Boromir.
„Wir müssen reden.“
„Deshalb habe ich nach dir geschickt, mein Sohn“, sagte
Denethor in freundlichem Tonfall. Boromir wünschte sich insgeheim,
dass sein Vater hin und wieder diesen Ton auch Faramir gegenüber
anschlagen würde. „Es werden Übergriffe einiger Orkhorden
gemeldet. Du musst sofort aufbrechen und die feige Meute vernichten.“
Aus diesem Grund war Boromir eigentlich nicht gekommen. „Die
Orks überqueren dieser Tage oft unsere Grenzen. Mordor erwacht.
Wir sollten langsam daran denken, uns Verbündete zu suchen.“
„Verbündete? Wen denn?“, fragte Denethor, überrascht
darüber, dass Boromir einen solchen Vorschlag machte.
„Rohan zum Beispiel. Théoden hat eine große Reiterarmee.“
„Théoden? Er ist schwach“, meinte Denethor und
winkte verächtlich ab.
„Eigentlich wollte ich dich nicht deswegen sprechen, Vater“,
sagte Boromir.
„Nicht? Weswegen dann?“, fragte Denethor erstaunt.
„Faramir ist verschwunden. Ich mache mir große Sorgen
um ihn. Wir wollten uns heute Morgen treffen, aber er ist nicht erschienen.
Er vergisst sonst nie ein Treffen mit mir. Deshalb ...“
Denethor sprang wütend von seinem Stuhl auf und rief: „Rede
mir nicht von Faramir! Er hat gegen meinen ausdrücklichen Befehl
diesen alten Zauberer Mithrandir getroffen. Wahrscheinlich ist er
noch bei ihm. Er glaubt wohl, dass ich das nicht weiß, aber
er vergisst, dass ich der Herrscher bin und meine Diener überall
sind.“
Boromir hatte, überrascht von dem Zorn Denethors, einen Schritt
zurückgemacht. Er fasste sich jedoch schnell wieder. „Faramir
würde wegen Mithrandir kein Treffen mit mir versäumen“,
verteidigte er seinen Bruder.
„Faramir ist ein Schwächling“, Denethor beruhigte
sich wieder etwas und ließ sich zurück auf seinen Stuhl
fallen. „Er beschäftigt sich mit Kunst und Musik. Und dies
in diesen kriegerischen Zeiten.“
„Was ist daran falsch?“
„Du verteidigst ihn noch? Du magst doch selbst keine Kunst und
Musik.“
„Das ist nicht wahr“, sagte Boromir und dachte daran,
wie sehr er die Abende mit Faramir genoss und wie schön er dessen
Spiel mit der Harfe fand. Das würde er aber nie vor Denethor
zugeben. „Ich will sie nur nicht studieren, das ist ein Unterschied.
Dies überlasse ich meinem Bruder.“
„Er sollte lieber das Kriegshandwerk lernen“, meinte Denethor.
„Ich kann dich nicht verstehen, Vater. Er ist ein guter Krieger
und wird einmal ein hervorragender Stratege werden. Warum soll er
nicht beides vereinigen? Sicher hat er das von Mutter. Sie liebte
die Kunst und die Musik.“
Erneut sprang Denethor auf. „Sprich
nicht von deiner Mutter, mein Sohn. Sie ist tot.“
„Nicht in meinem Herzen. Faramir war noch zu klein, gerade mal
fünf Jahre alt, als sie starb. Er hat kaum Erinnerungen an sie.
Ich aber schon. Mein Bruder, dein Sohn, ist ihr sehr ähnlich
im Wesen und im Denken. Faramir versucht alles, um dir zu gefallen.
Du aber erkennst nichts an. Warum kommst du ihm nicht etwas entgegen?“
Denethor stieß wütend die Luft aus den Lungen. „Weil
er mich immer wieder enttäuscht.“
„Das ist nicht wahr. Nur du siehst es so. Oder ist es der Grund,
dass er dich zu sehr an Mutter erinnert?“
Denethor wurde rot im Gesicht und Boromir begriff, dass er zu weit
gegangen war. „Verzeih, Vater! Ich wollte dich nicht verärgern.“
Sofort beruhigte sich Denethor wieder. Eine Entschuldigung seines
ältesten Sohnes ließ er sofort gelten. „Nun gut,
mein Sohn. Es sei dir verziehen. Doch jetzt eile! Sammle ein Heer
und vertreibe die Feinde aus unserem Reich.“
„Ja, Vater!“ Boromir ging. Es hatten keinen Zweck noch
einmal wegen Faramir anzufangen. Es blieb ihm nichts anderes übrig,
als den Befehl von Denethor auszuführen. Aber vorher wollte er
noch jemanden besuchen.
Eilig verließ er den Turm, durchquerte
den Tunnel zur sechsten Stufe und bestieg sein Pferd, das dort auf
ihn wartete, und ritt die Straßen hinunter. Eine Stufe nach
der anderen ließ er hinter sich, bis er am unteren Tor angekommen
war. Dort ging er in die Wachstube und fand den, welchen er suchte,
bei anderen Wachen am Tisch sitzen.
Die Wächter sprangen sofort auf, als ihr oberster Befehlshaber
eintrat und verneigten sich, doch Boromir achtete nicht darauf. „Aldamar,
wo ist mein Bruder?“
Aldamar sah seinen Herrn erstaunt an. „Im Palast nehme ich an,
Feldmarschall.“
„Da ist er nicht. War er nicht gestern Abend zu Besuch in deinem
Haus?“ Als Boromir sah, wie blass Aldamar wurde, sagte er: „Keine
Sorge, mir ist es egal, wo mein Bruder sich herumtreibt, aber er ist
nicht nach Hause gekommen.“
„Er war bei mir, Feldmarschall“, gab Aldamar zu. „Er
ging zu sehr später Stunde, weil ...“
„ ... weil du noch Mithrandir zu Besuch hattest“, vollendete
Boromir den Satz. „Das ist mir bekannt. Sprich weiter.“
„Der junge Herr verließ mein Haus zur dritten Morgenstunde.
Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen“, sagte Aldamar wahrheitsgemäß.
„Du hast ihn alleine gehen lassen?“, fragte Boromir wütend.
„Aber das war sein eigener Wunsch, Herr“, Aldamar wurde
kalkweiß vor Schrecken. „Er hat immer eine Eskorte abgelehnt.“
Boromir kannte den Starrsinn seines Bruders und wusste, dass er Aldamar
keine Schuld geben konnte. Doch er konnte etwa anderes tun. „Du
bist für den Moment von deinem Posten entlassen.“
„Aber ... Herr! Es war nicht meine Schuld.“
„Es soll keine Strafe sein“, beruhigte Boromir sein Gegenüber.
Er wusste, dass Aldamar seinen Bruder liebte und für ihn in den
Tod gehen würde. Wie viele der Soldaten in der Armee. Faramir
hatte immer ein nettes Wort für jeden übrig, egal ob einfacher
Soldat oder Hochgestellter. Und er hatte immer den Familien Gefallener
geholfen, wenn sie in Not gerieten. „Ich möchte, dass du
meinen Bruder suchst und herausfindest, was mit ihm passiert ist.
Ich ahne Böses, denn ich hatte heute Nacht einen schlechten Traum.
Selbst kann ich ihn nicht suchen, denn ich muss noch zur Stunde nach
Ithilien aufbrechen und Orks von unseren Grenzen vertreiben. Später
kannst du deinen Posten wieder einnehmen.“
„Verstanden, Herr“, sagte Aldamar erleichtert und verbeugte
sich. „Ich werde den jungen Fürsten finden, selbst wenn
es mein Leben kostet.“
„Das weiß ich, Hauptmann. Wir wollen beide hoffen, dass
du nicht so weit gehen musst.“ Boromir schlug ihm auf die Schulter,
drehte sich um und ging.
Aldamar sah ihm erleichtert hinterher. Er
hatte schon das Schlimmste für sich angenommen. Boromir war zwar
ein gerechter und gütiger Mann, Denethor aber hätte keine
Gnade gekannt, wenn er Aldamar die Schuld am Verschwinden seines Sohnes
gegeben hätte. Denethor mochte Faramir nicht besonders mögen,
aber trotz allem war er sein Sohn.
Schnell rief er seinen Stellvertreter zu sich und übergab ihm
den Befehl über die Torwache. Dann suchte er sich einige Männer
aus, denen er blind vertraute, und sandte sie aus. Es dauerte nicht
lange, bis der erste zurückkam.
„Nun,“ fragte Aldamar. „Hast du etwas erfahren?“
„Ja, ich kenne einige Leute in den unteren Stadtteilen.“
In den untersten Stadtteilen wohnten die Ausgestoßenen, die
ärmsten der Armen und Leute, die sich verstecken mussten. „Der
junge Fürst ist entführt worden. Man hat beobachtet, wie
er überfallen und auf ein Schiff gebracht wurde. Es ist den Anduin
hinuntergefahren.“
Aldamar sprang auf. „Dann müssen wir sofort jemanden zum
Palast schicken.“
„Der Palast ist schon informiert“, sagte ein weiterer
seiner Männer, der gerade den Raum betrat. „Denethor erhielt
eine Botschaft.“
„Wir werden den Truchsess trotzdem von allem informieren, was
wir erfahren haben. Das schulde ich Faramir. Ich hätte ihn nie
alleine nach Hause gehen lassen dürfen.“ Wenn Faramir etwas
passieren sollte, würde Aldamar sich das nie verzeihen. So schickte
er einen seiner Leute zum Palast, um dort zu erzählen, was sie
herausgefunden hatten.
Impressum:
GdN #47 ist ein nichtkommerzielles Fanzine des TCE (Terranischer Club
EdeN).
GdN #47 erscheint am 10. Dez. 2004.
Umfang: 72 Seiten - Auflage: 55 Exemplare - Einzelpreis: 2,30 €
plus Versand
Text: Monika Abt / Illustrationen: Maren Frank / Coverlayout: Christiane
Lieke
Geschichten der Nacht erscheinen in der Regel vierteljährlich;
ein Abo über 4 Ausgaben ist zum Preis von 16 € erhältlich.
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