Geschichten der Nacht # 53
"Der Weg der Jedi"
von
Monka Abt
("Selana Bashir")
Ein Roman aus dem "STAR WARS"-Universum
Illustration:
Andy Schmid
("Lumpazie")
erscheint im
Juni 2006
|
|
Inhalt:
Fünf Jahre sind seit Episode 3 vergangen.
Obi-Wan Kenobi wird von Senator Bail Organa um Hilfe gebeten:
Er soll drei Jedi in Sicherheit bringen, die sich auf einem Planeten
im Outer Rim versteckt halten.
Doch dort lauert schon ein Schüler von Darth Sidious auf Obi-Wan.
Eine Flucht durch die halbe Galaxis beginnt ...
Der Roman ist eine Mischung aus Exotik, Kämpfen,
Abenteuern und Gefühlen. Er spielt im WOW-Universum.
Leseprobe:
„Hat das Schiff auch einen Namen?“,
fragte Obi-Wan, der es sich im Kopiloten-Sitz bequem gemacht hatte
und zur Abwechslung einmal einem anderen die Arbeit überließ.
„Es heißt Goldener Drache.“
„Oder einfach Drache“, meinte Obi-Wan. „Nun, das
ist ein passender Name für ein Raum-schiff.“ Der Jedi sah
sein Gegenüber fragend an. „Du kennst das Ziel?“
„Selbstverständlich, Meister. Der Senator hat mich in alles
eingewiesen. Vielleicht sollte ich erklären, dass ich persönliches
Interesse an der Rettung der jungen Jedi habe. Meine Schwes-ter war
stark in der Macht. Sie verließ uns als kleines Kind, um im
Tempel auf Coruscant unterwiesen zu werden. Und wir waren alle stolz
auf sie. Sie war Generälin in den Klon-Kriegen und wurde durch
Order 66 von ihren eigenen Soldaten getötet.“
Das war Obi-Wan nur zu gut bekannt. Schließlich hatten auch
seine Klone versucht ihn zu ermorden. „Wie lautete ihr Name?“
„Nika Donata.“
Obi-Wan erinnerte sich gut an die kleine agile Nika. „Ich kannte
Nika gut. Wir haben einige Einsätze zusammen durchgeführt.
Sie war eine außergewöhnliche Frau und Kampfgefähr-tin.“
Mol’o sah den Jedi-Meister überrascht an. Er hatte gar
nicht daran gedacht, dass Meister Ke-nobi seine Schwester gekannt
haben musste. Und er bemerkte Obi-Wans trauriges Gesicht. „Ihr
könnt nichts daran ändern, Meister. Erzählt mir von
Nika. Es wird noch einige Stunden dauern, bis wir Druilla erreichen.“
Obi-Wan wollte erst ablehnen, weil das zu viele Erinnerungen an nun
tote Freunde weckte, doch dann entschied er anders. Vielleicht würde
es auch ihm helfen, wenn er von Nika er-zählte. So vergingen
die Stunden wie im Flug und als sie kurz vor ihrem Ziel aus dem Hy-perraum
sprangen, hatte Obi-Wan das Gefühl, Mol’o schon sein ganzes
Leben zu kennen. Er begriff nun, warum Senator Organa dem Twi’lek
so vertraute.
Und Mol’o erging es genauso. Er fühlte große Sympathie
für den bedrückt wirkenden Jedi-Meister und hoffte, dass
ihre Mission gelingen würde, denn das würde Meister Kenobi
sicher helfen. Mol’o versuchte sich lieber nicht vorzustellen,
wie es sein musste, seine ganzen Freunde durch Verrat und Mord zu
verlieren.
Druilla war ein großer, vom Weltraum
aus freundlich aussehender Planet mit zwei großen Meeren und
zwei Kontinenten mit großen Binnenseen. Auf einem Kontinent
wechselten sich große Grasflächen mit Wüstengebieten
ab.
Ihr Ziel war der zweite Kontinent in der Form eines Eies, der überwiegend
mit riesigen Wäl-dern bedeckt war dazwischen lag ein gewaltiges
Gebirge, das den Kontinent gewissermaßen in zwei Hälften
teilte. Weit über 8.000 m hoch türmte sich das Gebirge auf,
dessen höchste Gipfel mit Schnee bedeckt waren.
Die Welt galt weitgehend als unbewohnt. Eine eingeborene Bevölkerung
gab es nicht. Die Fauna dagegen war jedoch sehr groß. Die unterschiedlichsten
Arten von Tieren tummelten sich in den riesigen Wäldern und bevölkerten
auch die hohen Berge.
Die einzige Stadt dieser Welt war von den verschiedensten intelligenten
Lebewesen be-wohnt, die hauptsächlich vom Handel und auch vom
Schmuggel lebten. Es war eine der ver-rufensten Städte in der
bekannten Galaxis. Glücksritter, Schmuggler, gesuchte Verbrecher
und Spieler lebten hier. Beherrscht wurde alles von einem Verbrecher-Clan,
der unbarmher-zig jeden ermordete, der ihnen in die Quere kam. Selbst
die Jedi waren früher nur mit äußers-ter Vorsicht
hierher gekommen.
„Wie sollen wir hier die Jedi finden?“, fragte Mol’o.
„Die Macht wird mir helfen“, erklärte Obi-Wan.
„Wenn Ihr meint, Meister Kenobi“.
Obi-Wan gab es auf, ihn darauf hinzuweisen, ihn Ben zu nennen. Er
hoffte nur, dass der Twi’lek sich nicht versprach, falls sie
Nachforschungen anstellten mussten.
Nach der Landung, die ihnen ohne Schwierigkeiten gewährt wurde,
bat Kenobi Mol’o dar-um, die Verhandlungen mit der Hafenbehörde
durchzuführen. Er selbst wollte die Umge-bung mit Hilfe der Macht
erforschen.
Um Obi-Wans Konzentration nicht zu stören, versuchte Mol’o,
so leise wie möglich zu sein, als er mit dem Hafenmeister Verbindung
aufnahm, um ihm die Art ihrer Fracht mitzuteilen. Es waren Luxusgüter,
die auf Druilla selten waren und bald reißend Absatz finden
würden. Bail Organa hatte gut vorgesorgt.
Inzwischen ließ Obi-Wan die Macht für ihn arbeiten, wurde
eins mit ihr und überwand da-durch große Entfernungen.
Er suchte nach bekannten Konzentrationen der Macht. Endlich glaubte
er etwas zu spüren. Ein Erbeben der Macht, wie sie nur von Jedis
erzeugt wurde. Er konzentrierte sich darauf, und tatsächlich
wurden die Gefühle deutlicher. Es waren keine Worte, die er verstand,
nur Empfindungen und Ahnungen. Doch nun wusste er wenigsten die Richtung,
wo er suchen musste. Nach Norden, in die Berge. Und auch die Jedis
wussten nun, dass Hilfe da war. Langsam zog er sich dann zurück.
Da fühlte er eine neuerliche Erschütterung der Macht. Dunkler
diesmal und bedrohlich. Obi-Wan erschauderte, als er das Gefühl
erkannte. Dasselbe wie damals, als er gegen Darth Maul auf Naboo gekämpft
hatte und auch bei der Schlacht um Geonosis. Oder wie vor fünf
Jahren über Coruscant im Kampf gegen Count Dooku. Schnell zog
er sich aus der Macht zurück und hoffte, nicht bemerkt worden
zu sein.
Ein Sith-Lord oder zumindest der Schüler eines solchen befand
sich hier. Das erschreckte Obi-Wan. War es möglich, dass das
alles eine Falle für ihn war? Dagegen sprach allerdings die Anwesenheit
der drei Jedi. Oder sie wurden benutzt, um seiner habhaft zu werden.
Obi-Wan konnte sich gut vorstellen, dass der Imperator ihn auf jeden
Fall ausschalten wollte. Und dass ihm jedes Mittel recht war, um dieses
Ziel zu erreichen.
Trotzdem wollte er nicht aufgeben. Die jungen Jedi mussten gerettet
werden. Er musste ein-fach noch vorsichtiger sein.
Mol’o war nicht entgangen, dass der Jedi-Meister sich erschreckt
hatte. Und das bedeutete nichts Gutes. „Meister, habt Ihr etwas?“
Obi-Wan sah ihn an. „Ich habe die Jedis gefunden. Sie befinden
sich in den Bergen.“
„Das ist aber nicht alles, oder? Ich sah Euer Erschrecken.“
„Du bist ein guter Beobachter. Zu unserem Unglück bemerkte
ich auch noch die Ausstrah-lung eines Diener der Dunklen Macht.“
Nun erschrak auch Mol’o. „Ein Sith-Lord? Meister Kenobi,
seid Ihr sicher?“
„Ein Sith oder ein Diener der dunklen Seite der Macht. Und nun
gewöhne dir bitte an, mich ganz einfach Ben zu nennen. Wenn wir
gleich das Raumschiff verlassen, werde ich dein Die-ner sein.“
„Aber Meister Kenobi! Das ist unschicklich.“
„Es mag unschicklich sein oder nicht! Wenn du mir nicht gehorchst,
sind wir beide bald tot.“
Das sah Mol’o ein und nahm sich vor, den Meister Ben zu nennen.
„Was habt Ihr vor?“
„Du hast sicher schon Kontakt mit dem Hafenmeister aufgenommen?“
„Genau, wie Ihr befohlen habt. Er hat unsere Frachtliste und
meldet sich bei mir, sobald er Käufer hat.“
„Sehr gut! Dann können wir nun in die Stadt gehen und uns
ein Transportmittel in die Berge besorgen.“
Sie verließen den Drachen und
sicherten ihn. Der Verkehr auf dem Gelände des Raumhafens war
groß. Zum Glück scherte sich niemand um den anderen. Jeder
ging seiner Arbeit nach, sei es das Beladen oder Entladen einer Fracht.
Auch die Kontrollen am Ausgang des Raumhafens passierten sie ohne
Schwierigkeiten, da Obi-Wan mit Hilfe der Macht dafür sorgte,
dass sich keiner an sie erinnern konnte.
Am Ausgang des Hafens brodelte das Leben. Die Stadt war gewaltig.
Riesige Hochhaustür-me, ähnlich denen auf Coruscant, schoben
sich viele hundert Meter in den Himmel hinauf. Dazwischen gab es Laufstege,
die spiralförmig bis ganz nach oben führten. Diese wurden
von den Fußgängern benutzt, um von einem Stockwerk oder
von einem Gebäude zum ande-ren zu kommen, ohne dafür das
Innere eines Hauses betreten zu müssen. Dazwischen wogte der
Luftverkehr und darunter der Bodenverkehr.
Selbstverständlich war die Stadt nicht so groß wie auf
Coruscant, denn Coruscant bestand praktisch nur aus einer titanischen
Planetenstadt. Trotzdem lebten hier Millionen der unter-schiedlichsten
Lebewesen auf engen Raum zusammen.
Auch vor dem Raumhafen war die Zahl der Fußgänger und Benutzer
von Luft- und Boden-taxis und Privatfahrzeugen gewaltig. In diesem
Gewimmel unterzutauchen, sollte nicht be-sonders schwierig sein.
Der Jedi-Meister beauftragte Mol’o, ein Luftfahrzeug zu mieten.
Mit Hilfe des Speeders soll-te es einfach sein, ins Gebirge zu gelangen.
Nach einer halben Stunde tauchte Mol’o mit einem braunen viersitzigen
Speeder auf. Obi-Wan sprang mit einem eleganten Satz auf den Beifahrersitz
und überließ dem Twi’lek das Steuer. Der Jedi-Meister
konzentrierte sich erneut auf die Macht. Diesmal war die dunkle und
bedrohliche Ausstrahlung verschwunden. Er spürte nur die Ausstrahlung
der normalen Lebewesen, die sich von der eines Jedi enorm unterschied.
Dadurch konnte jeder Jedi-Ritter einen anderen spüren. Und er
überprüfte auch, ob sie verfolgt wurden, konnte jedoch nichts
entdecken.
Obi-Wan gab Mol’o die nötigen Anweisungen, wie er zu fliegen
hatte. Dabei vergaß der Je-di-Meister keineswegs den dunklen
Diener der Macht, der sich irgendwo auf dem Planeten befand. Wahrscheinlich
hatte auch dieser ihn gespürt und lauerte nur darauf, dass Obi-Wan
sich verriet. Der Jedi achtete genau auf die verschiedenen Grade der
Macht, und so fand er mit traumwandlerischer Sicherheit den Weg in
die Berge.
Mol’o staunte sehr. Er hatte noch keine großen Erfahrungen
mit Jedis gemacht, auch wenn seine Schwester eine gewesen war. Doch
Nika war so gut wie nie zu Hause gewesen, und Mol’o selbst diente
seit seinem 15. Lebensjahr im Hause der Organas auf Alderaan.
Die Berge schlossen sich direkt an die Stadt an. Ein gewaltiges Massiv,
das sich himmelhoch vor ihnen auftürmte. Der Speeder würde
nicht in der Lage sein, die ganz hohen Berge zu überfliegen.
Er war für die Stadt gebaut und für offenes Land. Trotzdem
blieb ihnen keine andere Wahl, als es zu versuchen und zu hoffen,
dass sie die gesuchten Jedi in einem der zahlreichen Täler fanden.
Sie überflogen einige Täler und Berghänge, die hier
noch nicht so hoch waren. Plötzlich überflog ein Schatten
ihren Speeder. Obi-Wan blickte nach oben, in der Annahme, einen Gleiter
oder Raumschiff zu sehen. Hatte man sie doch entdeckt?
Alles, was er jedoch sah, war ein riesiger Vogel, der über ihnen
seine Kreise zog.
Du solltest landen, Jedi-Meister!
Der Gedanke war so deutlich in seinem Kopf, dass Obi-Wan zusammenzuckte
und einen Blick auf Mol’o warf. Dieser blickte jedoch geradeaus,
darauf bedacht, keinen der Berghän-ge zu streifen.
Ein zweiter Schatten gesellte sich zu dem ersten Schatten und nun
kreisten sie deutlich über ihnen. Es waren keine Vögel sondern
riesige fliegende Echsen, deren Flügelspannweite be-stimmt über
zehn Meter betrug.
Lande! Wir holen dich!
Jetzt war Obi-Wan sicher, dass er sich nicht getäuscht hatte.
Doch, wer sprach zu ihm, wenn es nicht Mol’o war? Er blickte
erneut zu den Flugechsen hinauf. Sie besaßen einen schlanken
Körper mit vier Beinen, die sie im Flug dicht an den Körper
gezogen hatten. Ob sie damit auch gut laufen konnten? An den Füßen
befanden sich scharfe Krallen. Der Kopf lief spitz zu und endete in
einem breiten kräftigen Schnabel.
„Sie haben es auf uns abgesehen!“, rief Mol’o. „Ob
es Raubtiere sind?“
„Das glaube ich nicht“, antworte Obi-Wan, dem die Erleuchtung
kam, wer da mit ihm sprach. „Lande den Speeder!“
„Aber dann sind wir ihnen ausgeliefert.“ Mol’o sah
hinauf zu den Flugechsen, die nun laut-los, aber dicht über ihren
Köpfen kreisten.
„Mag sein, doch sie sind nicht gefährlich.“
„Wie ihr meint, Meister!“ Mol’o landete, und Obi-Wan
sprang mit einem flinken Satz aus dem Speeder.
Über ihnen setzte eine der Echsen zur Landung an, während
das zweite Tier weiter seine Kreise zog. Das Tier landete gekonnt
auf allen Vieren und lief auf Obi-Wan zu.
„Ich grüße dich, Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi. Ich
bin O’ol’lo’la“
Obi-Wan gab ebenso lautlos zurück. „Ich grüße
auch dich. Woher kommst du?“
„Deine Freunde schicken mich. Sie sind unsere Gäste. Wir
haben sie gefunden, als sie auf der Flucht vor ihren Feinden waren.“
„Ihr habt sie gerettet? Dann stehe ich tief in eurer Schuld!“
„Das tust du nicht. Deine Freunde haben eines unserer Jungtiere,
das verletzt und nicht mehr fliegen konnte, vor einem Raubtier gerettet.
Wir tragen nur unsere Schuld ab. Steig auf meinen Rücken, dann
bringe ich dich zu deinen Freunden.“
„Gerne, O’ol’lo’la, aber dann schicke ich
meinen Begleiter zurück in die Stadt. Ich glaube nicht, dass
er fähig ist, ohne Training auf deinem Rücken zu fliegen.“
Obi-Wan bekam keine Antwort von dem Flugwesen mit dem fast unaussprechlichen
Namen. So sah er das als „Ja“ an. Er wandte sich zu Mol’o
um, der staunend und ängstlich zugesehen hatte, wie der Jedi-Meister
furchtlos auf das riesige Tier zuging und stumm vor ihm stehen blieb.
Fast hatte es den Anschein, als würde er unhörbar mit ihm
sprechen.
„Mol’o, nimm den Speeder und kehre in die Stadt zurück.
Verkaufe die Fracht und warte auf meine Rückkehr.“
„Und was macht Ihr, Meister?“
„Ich hole meine Freunde.“
„Ohne Fluggefährt? Wie wollt Ihr das machen?“
„Nun, ich habe ein gutes Transportmittel“, Obi-Wan zeigte
auf die Echse.
„Seid ihr noch bei Sinnen, Meister? Das ist ein gefährliches
Tier.“
„Keineswegs, es ist sehr freundlich und hat mich eingeladen,
mit ihm zu fliegen. Und genau das werde ich tun.“ Damit drehte
sich der Jedi-Meister um und kletterte elegant auf den Rü-cken
des gewaltigen Flugtieres.
Staunend und mit offenem Mund sah Mol’o zu, wie die Echse einen
kurzen Anlauf nahm und sich elegant in die Lüfte erhob: mit Obi-Wan
auf dem Rücken.
Mol’o schüttelte verwundert den Kopf. Bei einem Jedi-Meister
musste man mit jeder Über-raschung rechnen. Er stieg in den Speeder
zurück, als die beiden Echsen verschwunden wa-ren, und kehrte
in die Stadt zurück.