Geschichten der Nacht # 54
"Die Antiker I: Rhiana"
von
Monika Abt
("Selana Bashir")
Ein Roman aus dem "STARGATE
ATLANTIS "-Universum
Coverzeichnungen:
Andy Schmid
("Lumpazie")
Layout:
Christiane Lieke
("Wintermute")
erscheint im
September 2006
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Inhalt:
Das SGA-Team sucht auf einem Planeten nach einem ZPM.
Dort begegnen sie einer geheimnisvollen Fremden, die sich Rhiana nennt.
Nach einigen Missverständnissen wird sie zur Verbündeten.
Doch dann tauchen die Genii unter der Führung von Commander Kolya
auf, und auch die Wraith greifen den Planeten an. Schließlich
wird Colonel Sheppard noch mit seiner Vergangenheit konfrontiert,
die ihn zurück auf die Erde führen wird ...
Leseprobe:
Gemeinsam gingen sie durch die Tür.
Doch zu ihrer Enttäuschung war der Raum leer und nur winzig.
Sie konnten gerade darin stehen. Plötzlich drehte sich alles
um sie herum, und im nächsten Augenblick standen sie in einem
ganz anderen Raum mit einigen verschlossenen Türen.
„Das war ein Transporter“, erkannte McKay und beruhigte
sich sofort wieder.
„Nun bin ich sicher, dass wir etwas gefunden haben“, meinte
Sheppard. Er griff nach seinem Funkgerät und aktivierte es, doch
außer Rauschen war nichts zu hören. „Etwas stört
den Empfang. Wir sollten einen Weg nach oben suchen.“
„Vorher werfe ich aber einen Blick hinter diese Türen“,
meinte Rodney und ging schnurstracks auf die erste Tür zu.
Sheppard ging auf eine andere Tür zu, die sich vor ihm öffnete.
Sofort gingen weitere Lichter an; die Anlage erwachte zum Leben. Sheppard
sah die gleichen Computeranlagen wie in Atlantis. Dies war ohne Zweifel
ein kleiner Außenposten der Antiker.
„Hierher, Sheppard!“, hörte er McKay rufen.
Er fand ihn in einem kleinen Raum, der außer einem sehr bekannten
Stuhl nichts enthielt. Es war der gleiche Stuhl, wie es ihn in dem
Außenposten in der Antarktis auf der Erde gab und auch in Atlantis.
Überwältigt ging er in den Raum, gefolgt von Adun, der aus
dem Staunen nicht mehr herauskam.
Sheppard konnte nicht widerstehen und setzte sich in den Stuhl. Sofort
schaltete sich die Energie ein. Der Stuhl reagierte auf seine Anwesenheit.
„Fantastisch!“, schwärmte McKay.
Der Colonel stand wieder auf und ging zu der Stelle, wo normalerweise
die ZPM waren. Er fuhr mit der Hand darüber, und ein ZPM erschien.
Es war voll geladen.
„Ich glaube es nicht!“, rief McKay aus. „Wir haben
es gefunden!“
Auch Sheppard strahlte. Endlich waren sie am Ziel. Er blickte auf
Adun, doch der Talluser stand nur staunend da. „Was ist das?“,
fragte er.
„Das ist ein ZPM, das, was wir gesucht haben“, erklärte
McKay ihm. „Wir werden es mitnehmen.“
„Der Rat der Ältesten und der Magistrat haben das erlaubt.
Es gehört euch“, sagte Adun.
„Irrtum!“
Die Stimme in ihrem Rücken ließ sie erstarren, doch bevor
sie reagieren konnten, traf sie etwas mit ungeheurer Wucht und ließ
sie betäubt zu Boden fallen.
Am Eingang tauchten Rhiana und ihr Begleiter Kelan auf. Ohne Mitleid
sah die Frau auf die drei betäubten Männer hinab. Die Schmerzen
würden groß sein, wenn sie wieder erwachten, davon aber
abgesehen würden sie unversehrt sein.
Kelan ging zu den drei Männern, zwei Genii und einem Dorfbewohner,
und untersuchte sie. Rhiana konnte sehr rücksichtslos sein, wenn
es notwendig war, doch er wollte niemanden töten. Er war Wissenschafter
und kein Mörder. Sie hatten schließlich gefunden, was sie
suchten.
Als letzten untersuchte er den jungen drahtigen Genii, der wohl der
Anführer war. Sie waren den dreien den ganzen Tag über heimlich
gefolgt. Zweimal wären sie von dem Offizier fast entdeckt worden,
hatten sich im letzten Augenblick aber verstecken können.
Er fühlte den Puls des jungen Mannes, alles war in Ordnung. Er
wollte schon zu Rhiana gehen, als ihm etwas auffiel. Aus einer der
Taschen lugte ein Gegenstand heraus, den Kelan nur zu gut kannte,
aber nie bei einem Genii vermuten würde. Er holte ihn hervor,
um sicher zu gehen.
Tatsächlich, ein Lebenszeichendetektor der Alten.
„Rhiana! Dieser hier hat das bei sich. Sieh es dir an.“
Die Frau trat zu ihm und warf einen Blick darauf. „Ohne Zweifel
gestohlen!“
„Mag sein, aber du weißt, dass nur die Alten ein solches
Gerät benutzen können. Es ist nutzlos für einen Genii.
Warum trägt er das mit sich?“
Sie durchsuchten die beiden anderen, doch nur bei dem zweiten Genii
fanden sie noch Geräte der Alten. Das gab nun auch Rhiana zu
denken. Sie sah sich die beiden genauer an. Sie waren nicht wie die
Genii gekleidet, die sie sonst getroffen hatten. Was sie trugen, war
ohne Zweifel eine Uniform, doch so fremdartig, wie sie es noch nie
gesehen hatte. Am rechten Arm bemerkte Rhiana verschiedene Abzeichen,
doch am linken trugen alle das gleiche Emblem: ein Wort, welches sie
nicht lesen konnte und darunter ein Symbol, das nur ein Stargate sein
konnte.
„Ich muss mich wohl doch mit ihnen unterhalten, oder zumindest
nur mit diesem“, sie zeigte auf den Anführer. In ihrem
Gepäck befand sich ein schmales, aber festes Seil. Das schnitten
sie in drei Teile und fesselten den Männern die Hände auf
den Rücken. Dann holte sie ein Injektionsgerät hervor.
„Oh! Das kann ihm schaden“, meinte Kelan.
„Ach was! Er ist ein junger und starker Mann. Sein Herz wird
es schon verkraften. Und wenn nicht ...!“
„Rhiana! Vielleicht ist er kein Genii!“
„Aber ein Dieb auf alle Fälle.“
Sie ignorierte Kelans Einwürfe und injizierte dem Mann den Inhalt
der Ampulle. Wie erwartet dauerte es nur wenige Augenblicke, bis er
die ersten Lebenszeichen von sich gab.
Rhiana musterte sein Gesicht. Eigentlich sah er sehr gut aus. Schade,
dass er ein Dieb war.
Das erste, was Sheppard fühlte, war ein Schmerz, der ihm das
Gefühl gab, auseinander gerissen zu werden. Jeder Muskel und
jeder Nerv in seinem Körper schmerzte. Was war nur passiert?
Stöhnend versuchte er sich aufzurichten, doch das schaffte er
nicht. Er wartete einen Augenblick und versuchte, die Augen aufzuschlagen,
was nun auch klappte. Noch immer tat alles weh, doch er blickte gebannt
in das Gesicht einer jungen wunderschönen Frau mit langen dunklen
Haaren, die ihn interessiert musterte. Sie war mit einer schwarzen
Hose und einer kurzärmeligen Bluse gekleidet. Dadurch bemerkte
er das auffällige Ornamenten-Tatoo, das quer über ihren
Oberarm lief.
„Wer bist du?“, fragte sie.
Automatisch und ohne groß zu überlegen, antwortete er:
„Colonel John Sheppard vom Planeten Erde.“
Mit Absicht hatte Rhiana ihn das sogleich gefragt, bevor er seine
Sinne richtig beisammen hatte. Meist antwortete man da automatisch.
Was er sagte, ließ sie aufhorchen. Planet Erde! Diesen Namen
kannte sie aus alten Legenden. Hm! Also kein Genii, aber was waren
die beiden dann?
„Ihr seid keine Genii?“, fragte sie.
„Genii! Nein“, an seinem Gesichtsausdruck sah sie, dass
er noch Schmerzen hatte, diesen jedoch unterdrückte. „Die
Genii würde ich nicht als Freunde bezeichnen.“ Er versuchte
erneut aufzustehen und bemerkte erst da, dass seine Hände mit
einem Strick nach hinten gefesselt waren.
Sein Blick fiel auf die beiden anderen Männer. „Was ist
mit McKay und Adun? Was hast du mit ihnen gemacht? Wer bist du überhaupt?“
„Ich heiße Rhiana Remor und woher ich komme, spielt keine
Rolle. Ihr, auf jeden Fall seid Diebe, die die Schätze der Alten
rauben.“
„Ach ja! Und was machst du?“
„Ich werde das Energiegerät der Alten mitnehmen und in
Sicherheit bringen.“
„Und dann nennst du uns Diebe? Wir haben gute Gründe für
unser Handeln, denn wir brauchen das ZPM zum Schutz von Atlantis.“
Rhiana horchte erneut auf. Hatte er da gerade Atlantis gesagt? Meinte
er damit etwa die legendäre Stadt der Alten, die sie und ihr
Volk schon so lange vergeblich suchten?
Sheppard seinerseits versuchte, die Frau und ihren älteren Begleiter
einzuordnen. Sie machte den Eindruck einer Kriegerin, während
der Mann mehr wie ein ... Wissenschaftler aussah. Sie waren ganz sicher
keine Talluser, aber auch keine Genii.
„Atlantis ist die alte Stadt der Antiker, in der wir seit über
einem Jahr leben. Wir sind von der Erde gekommen, der Ursprungswelt
der Antiker. Vor Millionen von Jahren verließen die Antiker
die Erde mit der Stadt Atlantis und kamen hierher in diese Galaxis.
Doch dann kamen die Wraith, und die letzten überlebenden Antiker
kehrten zur Erde zurück. Das war vor 10.000 Jahren. Wir sind
ihre direkten Nachkommen und fanden den Weg durch das Stargate zurück
nach Atlantis. Ohne die Energie eines ZPM können wir jedoch nicht
heimkehren. Außerdem haben uns die Wraith vor kurzer Zeit angegriffen.
Wir konnten den Angriff erfolgreich abwehren, aber ohne ausreichende
und dauerhafte Energie sind wir im Endeffekt die Unterlegenen. Deshalb
brauchen wir jedes ZPM, das wir finden können.“
„Du behauptest also, dass deine Heimatwelt die Ursprungswelt
der Alten ist? Willst du das damit sagen?"
„Wenn du mit Alten die Antiker meinst, dann ja!“
„Und ihr habe einen Großangriff der Wraith erfolgreich
abgewehrt?“, fragte Kelan ungläubig.
„Mit etwas Glück und großen Opfern gelang uns das“,
bestätigte Sheppard. „Und wir könnten Verbündete
werden. Gerne werden wir unser Wissen mit euch teilen. Du kannst uns
sogar nach Atlantis begleiten und dich überzeugen.“
Rhiana erhob sich und unterhielt sich leise mit Kelan. Sheppard versuchte
sofort, seine Fesseln zu lockern, doch die beiden hatten gute Arbeit
geleistet. Je mehr er sich bemühte, desto fester zogen sich die
Stricke um seine Handgelenke zusammen. So gab er schließlich
frustriert auf.
„Was ist mit meinen Freunden?“, rief er den beiden zu.
„Sie sind nur bewusstlos und wachen in ein paar Stunden auf.“
Rhiana konnte sich nicht entscheiden, ob sie Sheppard glauben sollte.
Es wäre ungeheuerlich, wenn er die Wahrheit sprach. Schließlich
entschied sie, Sheppard und das Energiemodul auf ihren Heimatplaneten
mitzunehmen.
„Du wirst uns begleiten und meinen Leuten einige Fragen beantworten.
Aber keine Sorge, wenn das, was du erzählt hast, wahr ist, hast
du nichts zu befürchten.“
„Und meine Freunde? Ihr könnt sie nicht so hilflos liegen
lassen.“
„Na, schön! Wir befreien sie. Bis sie aufwachen, sind wir
schon weg“, sagte die Frau.
Kelan schnitt die beiden los und half Sheppard dann auf die Beine.
„Ihr könnt ruhig auch meine Fesseln lösen“,
sagte er.
„Für wie dumm hältst du uns?“, fragte Rhiana.
Kelan hatte inzwischen das begehrte ZPM geholt, was Sheppard maßlos
ärgerte. Sollte es wirklich passieren, dass ihnen zum zweiten
Mal ein ZPM von fanatischen Eingeborenen vor der Nase weggeschnappt
wurde, die ihn dann auch noch entführten?
Im Moment konnte er nichts daran ändern. Die beiden zwangen ihn,
nach draußen zu gehen. Mit dem Aufzug ging es nach oben. Die
Leiter hoch mit gefesselten Händen war nicht einfach, doch Rhiana
war nicht bereit ihn loszuschneiden. Schließlich schaffte er
es, mit Kelans Hilfe hochzuklettern. Rhiana stand oben und zog ihn
hoch.
Mit traumwandlerischer Sicherheit fanden die beiden ihren Weg durch
die Tunnel bis zu einem Ausgang. Inzwischen war es draußen dunkel
geworden. Die anderen Teams waren bestimmt schon erfolglos ins Dorf
zurückgekehrt und würden ihn und McKay bald vermissen.
Auf dem Weg zum Sternentor mussten sie am Dorf vorbei. Auf der Anhöhe
über dem Dorf blieb Rhiana plötzlich stehen und packte Sheppard.
Durch die Fesseln behindert, wurde er grob auf den Boden geworfen.
Er blickte die Frau böse an.
Rhiana beachtete Sheppards Blick jedoch nicht, holte stattdessen ein
Fernglas heraus und beobachtete das Dorf. „Da stimmt etwas nicht,
Kelan. Die Leute sind zwar wie die Dorfbewohner bekleidet, doch sie
bewegen sich wie Soldaten.“
Auch Kelan blickte durch das Fernglas.
„Darf ich auch mal?“, fragte Sheppard.
Rhiana hielt ihm das Glas an die Augen und stellte es auf seine Sehstärke
nach seinen Wünschen ein. Er konzentrierte sich auf die Leute
im Dorf. Auf den ersten Blick sah es normal aus. Doch dann sah er
etwas aufblitzen. Die Dorfbewohner waren bewaffnet.
„Sie sind bewaffnet“, sagte Sheppard.
„Sind das deine Leute?“, fragte Rhiana.
„Nein, die würden sich nicht als Dorfbewohner verkleiden.“
Plötzlich sah er deutlich das Gesicht eines der Männer vor
sich. In seinem Magen bildete sich ein Knoten, und Sheppard glaubte
zu träumen. „Kolya!“
„Kolya?“, fragend blickte Rhiana ihn an.
„Das sind die Genii!“
Was war geschehen?