Geschichten der Nacht # 62
Der 3. Teil des
STARGATE ATLANTIS-Zyklus
"Die Antiker
"Lebende Legenden "
von
Monika Abt
("Selana")
Titelbild:
Andy Schmid
Layout:
Christiane Lieke
September 2009
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Was in den ersten beiden Bänden des Antiker-Zyklus
geschah:
Band 1 (GdN
54):
John Sheppard und sein Team begegnen auf der Suche nach einem ZPM
einer geheimnisvollen Frau, die sich Rhiana Rhemor nennt. Sie ist
ebenfalls auf der Suche nach Artefakten der Antiker. Als Johns
Erzfeind Kolya auftaucht und sein Team gefangen nimmt, werden John
und Rhiana Verbündete. Doch als die Wraith angreifen, müssen
John und Kolya zusammen arbeiten, um zu überleben. Nachdem
die Wraith geschlagen sind, kann Kolya fliehen, und Rhiana schließt
sich den Atlantern an. Es stellt sich heraus, dass Rhiana eine
echte Antikerin ist. Ihr Volk lebt verborgen auf einem Planeten
in der Pegasusgalaxis, weil sie nicht wie ihre Vorfahren aufgestiegen
sind.
Band 2 (GdN
58):
Rhiana bleibt in Atlantis, weil sie und John sich verliebt haben.
Rhiana überredet John, zur Erde zu gehen und sich mit seinem
Vater zu versöhnen. Es stellt sich heraus, dass Johns Gedächtnis
manipuliert wurde. Auch auf der Erde gibt es Antiker, die unerkannt
unter den Menschen leben und sich Arya Varta nennen. Sheppard ist
damit ebenfalls ein Antiker. Johns Vater Philipp ist der Anführer
der Arya Varta.
Es gibt unter den Antikern jedoch eine Gruppe, die der Meinung ist,
dass sie das Recht haben, über die Menschen zu herrschen, da
diese nach ihrer Ansicht unterentwickelt sind. Diese Gruppe nennt
sich Saat Bhai. Bisher haben aber die Arya Varta, die sich als Lehrmeister
der Menschen sehen, die Überzahl.
Doch die Saat Bhai gewinnen immer mehr an Macht. Nach einem Mordanschlag
auf John stellt sich heraus, dass Johns Vater ein falsches Spiel
treibt und insgeheim der Anführer der Saat Bhai ist. Dadurch entzweit
sich John noch mehr von seinem Vater, und er kehrt enttäuscht
nach Atlantis zurück.
In diesem dritten Band trifft das ATLANTIS-Team um
John Sheppard auf eines der alten Völker: die Furlinger.
Leseprobe:
Auf dem Planeten
Die unterirdische Anlage hatte sich als so verzweigt
herausgestellt, dass man nicht mehr von einer „Anlage“ sprechen
konnte; es war vielmehr ein System von Tunneln, Katakomben und
riesigen Hallen.
Um sich nicht zu verirren, hatten sie ihren Weg markiert. Wider Erwarten
war die Verbindung zur Oberfläche nicht abgebrochen, obwohl
sie inzwischen bestimmt schon auf zweihundert Meter Tiefe vorgedrungen
waren.
Der Gang, durch den sie gerade gingen, endete, und sie blieben wie
erstarrt stehen. Vor ihnen öffnete sich eine große Kammer.
Das andere Ende war durch ein Tor abgeschlossen.
Das Tor war groß und prächtig gestaltet. Feine Linien,
die aus Gold und Silber gearbeitet waren, verzierten die beiden Flügel.
Sie traten näher und blieben davor stehen. Eine Klinke aus Bronze
ließ sich nach unten drücken, und Sheppard öffnete
vorsichtig den rechten Flügel des Tores.
War das Tor schon prächtig und schön gewesen, so war es
die dahinter liegende Halle nur noch mehr. Kostspielige Lampen erhellten
reich geschmückte Wände. Das goldfarbene Licht erzeugte
eine seltsame Stimmung. Mitten durch den Hallenboden verlief ein
tiefer Spalt, etliche Meter breit. Nur eine schmale Brücke ohne
Geländer führte über ihn.
Mit äußerster Vorsicht überquerte die Gruppe die
Brücke. Hinter der Brücke gelangten sie durch einen schmalen
Gang in eine weitere Halle. Drei Wesen standen an der Tür und öffneten
sie, als die Menschen auf sie zukamen. Die Wächter waren schwer
bewaffnet, machten jedoch keinen feindseligen Eindruck. Die Wesen
schienen nicht überrascht, sie zu sehen. Anscheinend wurden
sie erwartet. Man hatte sie wohl schon lange beobachtet, ohne dass
es einem von ihnen aufgefallen wäre.
Zögernd nahm die Gruppe die Einladung an. Doch wenn sie friedlich
mit den Bewohnern verhandeln wollten, hatten sie keine Wahl. Die
Halle dahinter war lang gestreckt und trotzdem breit genug, um große
Festgesellschaften aufzunehmen. Ein goldgelbes Licht erhellte den
Saal, dessen Luft durch geschickte Belüftung bekömmlich
gemacht worden war. Am Ende der Halle stand ein großer, reich
mit Gold und Silber verzierter Thron. Auf ihm saß in prachtvoller
Bekleidung einer der Bewohner dieses unterirdischen Reiches.
Der Mann erhob sich jetzt. John sah, dass es kein Mensch war, wenn
auch menschenähnlich. Zwei ausdrucksstarke bernsteinfarbene,
schräg stehende Augen musterten ihn und die anderen. Der Kopf
war von einem kurzen Fell überzogen, das nur das Gesicht frei
ließ. Anstelle von Haaren besaß der Fremde einen dunkelroten
sichelartigen Kamm. Das Gesicht sah trotz der Fremdartigkeit sehr
menschlich aus. Zwei kleine runde Ohren vervollständigten das
ungewöhnliche Antlitz.
Und trotz seiner Fremdartigkeit war dieses Wesen kein Unbekannter
für Sheppard. John dachte an den Planeten, wo sie auf die GALACTICA
und ihre Flotte gestoßen waren.
Dort hatten Eingeborenen gelebt, die wie dieser Mann ihm gegenüber
aussahen. Dies konnte kein Zufall sein.
„Seid willkommen! Wir haben lange auf eure Rückkehr gewartet“,
wurden sie begrüßt.
Nun, zumindest schienen sie freundlich zu sein. Sheppard warf einen
kurzen Blick auf den General, und dieser nickte ihm unmerklich zu.
Also wollte O’Neill, dass John das Wort führte.
„Wir danken Ihnen für diese freundliche Begrüßung und
versichern Ihnen, dass wir in Frieden kommen. Wir sind Forscher von einer fremden
Welt, die durch ein Unglück in diese Zeit geschleudert wurden.“
Jetzt blickte sein Gegenüber Sheppard erstaunt an. „Ihr
seid nicht aus Atlantika?“
„Doch, aber wir kommen aus der Zukunft. Dies sind General Jack O’Neill,
Teyla Emmagan, Ronon Dex und mein Name ist John Sheppard.“
„Unsere Scanner zeigen aber an, dass du zu den Alten gehörst. Auch
dieser dort“, damit zeigte er auf O’Neill.
„Das ist richtig. General O’Neill und ich stammen von den Antikern
ab, die ihr als ‚die Alten’ bezeichnet. Doch sie sind ausgestorben
oder aufgestiegen. Wir sind ihre Nachkommen.“
„Ich verstehe! Doch verzeiht meine Unhöflichkeit. Ich bin Umesh
Mehra, der Premierminister meines Volkes.“
„Sehr erfreut, Premierminister“, sagte John höflich. „Wir
sind froh, Sie gefunden zu haben. Vielleicht können wir uns gegenseitig
helfen. Da Ihr nicht überrascht seid uns zu sehen, nehme ich an, dass
ihr uns schon länger beobachtet?“
„Seit eurer Ankunft. Wir haben euch gescannt und festgestellt, dass ihr
zu den Alten gehört. Ihr sagtet, dass diese nicht mehr da sind? Dann haben
die Wraith den Krieg gewonnen?“
„Ja, leider. Sie terrorisieren die ganze Galaxis. Wir selbst sind durch
Zufall auf die alte Stadt Atlantis gestoßen und haben sie in Besitz genommen.
Unser Ziel ist, es die Wraith zu besiegen.“
Umesh Mehra überlegte kurz. „Diese Nachricht ist mehr
als beunruhigend. Wir dachten immer, dass die Alten zurückkämen.
Die meisten meines Volkes sind fortgezogen. Sie suchten eine neue
Heimat in einer anderen Galaxis. Meine Leute jedoch wollten nicht
gehen, weil sie dachten, die Alten kämen zurück. Wenn das
aber nicht der Fall ist …“
„Darf ich fragen, wie Euer Volk sich nennt?“, fragte Sheppard. „Wir
sind in unserer Galaxis auf eine kleine Gruppe Eures Volkes gestoßen,
das jedoch in die Primitivität zurückgefallen war.“
„Wir sind die Furlinger.“
„Die Furlinger?“, O’Neill kam nun nach vorne. „Die
kleinen Pelzdinger?“
John sah den General erstaunt an.
„Für mich hört sich der Name nun einmal klein und kuschelig
an“, gab O’Neill mit einem Schulterzucken zu.
Sheppard konnte ein Grinsen gerade noch unterdrücken.
Der Premierminister lächelte über O’Neills Worte. „Wie
mir scheint, ist euer Anführer entschlossen, aus dem Schatten
zu treten.“
O’Neill sah ihn überrascht an.
„Es war mir klar, dass Sie der Befehlshaber sind, General O’Neill.
Vergessen Sie nicht, dass wir Sie schon länger beobachten. Außerdem
ist mir der kurze Blick, den Sie und der Colonel sich zuwarfen, nicht entgangen.“
„Das ist sehr scharfsinnig, Premierminister“, sagte O’Neill. „Ich
hoffe, Sie nehmen mir die kleine Täuschung nicht übel?“
„Nein, warum sollte ich? Doch warum hat Sie der Name meines Volkes überrascht?“
„In meiner Heimatgalaxis gab es einst eine große Vereinigung von
vier großen Völkern: die Asgard, die Antiker, die Nox und die Furlinger.
Wir sind Verbündete der Asgard. Die Antiker sind verschwunden, und den
Nox sind wir zwar begegnet, doch sie halten sich zurück. Nur Ihrem Volk
sind wir noch nie begegnet.“
Der Premierminister sah O’Neill überrascht an. „Ihr
wisst von der großen Vereinigung? Das verblüfft mich,
denn das ist schon viele Jahrtausende her. Wie dem auch sei, Sie
haben ein Recht auf Antwort. Als sich die Antiker zurückzogen,
die Nox den Kontakt mit uns abbrachen, zog sich auch mein Volk in
eine andere Galaxis zurück. Keine Allianz hält ewig.“
„Ja, das stimmt. Nur die Asgard beteiligen sich noch aktiv am Geschehen
in unserer Heimatgalaxis. Wir konnten ihnen sogar bei einigen kleinen und größeren
Problemen gegen die Replikatoren helfen.“
Umesh Mehra sah nachdenklich auf den Boden. „Die Asgard sind
das jüngste Volk der Allianz gewesen. Von diesen Replikatoren
haben wir allerdings noch nie etwas gehört.“
„Seien Sie froh darüber. Doch nun zu unserem aktuellen Problem.
Können Sie uns sagen, ob es etwas auf dem Mond gibt, dass eine so gewaltige
Schockwelle auslösen könnte, um uns in die Vergangenheit zu schleudern?“,
mischte sich Sheppard ein.
Umeshs Augen verengten sich. „Unsere Wissenschafter haben mit
einigen Antikern an einer Waffe gebaut. Wir experimentierten mit
der Zeit, doch leider hat es nicht funktioniert.“
„Es hat funktioniert, sonst wären wir nicht hier“, widersprach
O’Neill dem Premierminister.
„Aber wir haben den Bau vor zweihundert Jahren unserer Zeitrechnung eingestellt.
Das war beim letzten großen Angriff der Wraith. Zuerst konnten wir sie
aufhalten, doch sie kamen mit immer mehr Schiffen. Die Antiker hatten nur eine
Station auf dem Mond, doch mein Volk lebte in vielen Städten und auch
im Untergrund. Nachdem es offensichtlich war, dass wir die Wraith nicht besiegen
konnten, zogen die meisten Bewohner weg. Sie flogen in eine andere Galaxis,
um sich dort eine neue Heimat zu suchen. Nur ein paar Tausend blieben unter
der Führung meines Großvaters hier. Die Übriggebliebenen zogen
sich in den Untergrund zurück. Dank unserer hohen Technik konnten wir
unsere Anwesenheit verschleiern. Doch um die Täuschung aufrecht zu erhalten,
mussten wir die Städte verkommen lassen. Noch immer hoffen wir, dass die
Antiker zurückkommen.“
„Sie kommen nicht zurück“, versicherte O’Neill nochmals. „Es
gibt nur noch primitive Menschenvölker in dieser Galaxis, die unter dem
Terror der Wraith leben müssen.“
Das stimmte zwar nicht ganz, doch die Tengwar, Rhianas Volk, wollten
ihre Identität nicht preisgeben. Und die Menschen akzeptierten
diesen Wunsch.
„Etwas noch“, sagte Sheppard. „Sie sagten ‚vor zweihundert
Jahren’. Aber die letzten Antiker verließen Atlantis vor 10.000
Jahren. Wie erklären Sie dies?“
„Es waren nur zwei Antiker, die aus dem Nichts auftauchten und mit meinem
Volk an dieser Anlage bauten. Ihr sagt, dass diese Anlage auf dem Mond euch
herbrachte?“, vergewisserte sich Umesh nochmals.
„Ja, es gab einen Kampf zwischen uns und einem anderen Schiff. Unser
Schiff bombardierte die geheime Anlage des Feindes auf dem Mond. Dabei müssen
sie die im Boden versteckte Anlage erwischt haben. Bei ihrer Zerstörung
wurde der Mond auseinander gerissen. Trümmer fielen auf diesen Planeten,
doch dann raste eine Schockwelle über uns hinweg, und wir befanden uns
in dieser Zeit“, erklärte Sheppard dem Premierminister.
„Die Antiker versicherten uns, dass das Gerät noch nicht so weit
wäre.“
„Dann haben sie euch belogen oder es nicht richtig gewusst“, meinte
Sheppard.
„Wir werden euch helfen, doch dazu müssen wir auf den Mond“,
sagte der Premierminister. „Danach werde ich mein Volk unterrichten,
dass auch wir von hier weg müssen.“
„Wenn wir euch helfen können, tun wir das gerne“, sagte O’Neill.
Umesh Mehra wandte sich an einige seiner Leute
und gab einige Befehle. Dann machten sie sich auf den Weg zurück zur Oberfläche.